Über Landwirtschaft flirten: So klappt's mit der Kommunikation
Als „Deichdeern“ gibt Bloggerin Julia Nissen Einblicke ins Leben auf dem Land. Für Landwirte hat sie handfeste Tipps, wie sie Infos rund um ihren Beruf vermitteln können.
Gespräche rund um Landwirtschaft sind eine knifflige Angelegenheit. Schließlich ist die Materie kompliziert, viele haben eine Meinung und die meisten Otto-Normal-Bürger wenige Kontaktpunkte. Wie Öffentlichkeitsarbeit auch nebenbei funktionieren kann, das erläuterte Julia Nissen, bekannt als „Deichdeern“, jetzt auf Einladung der Landfrauen und Nebenerwerbslandwirte im Kreis Coesfeld.
Dem Gegenüber zuhören
„Bekehren ist nicht so eine gute Idee“, betonte sie. Besser sei es, Gespräche über Landwirtschaft wie einen Flirt anzugehen. Sprich: Keinen Monolog halten, sondern dem Gegenüber gut zuhören, Feedback und Einschätzungen abholen. Eine Präsenz in den sozialen Medien sei kein Muss. Aber wer dort unterwegs sei, sollte sich immer mal wieder fragen: „Teile ich auch genug gute Momente?“ Das können vermeintlich unspektakuläre Teile des Berufs sein – wie ein toller Sonnenaufgang auf dem Weg in den Stall.
Zur Person Julia Nissen lebt mit Mann und drei Kindern in Nordfriesland. Aufgewachsen ist die heute 36-Jährige „in einem Landhandel“ im Landkreis Steinburg. Nach Hauswirtschaftsschule und Agrarstudium war sie unter anderem beim Bauernblatt Schleswig-Holstein und dem Forum Moderne Landwirtschaft aktiv. Als „Landfluencerin“ mit großer Social-Media-Präsenz wurde sie bekannt. Mit „Klönstedt“ hat sie ein digitales Dorf gegründet und mit der „App aufs Land“ eine Kontaktstelle für echte Landerlebnisse. Sie und ihr Team machen auch Medienarbeit für Auftraggeber aus dem Agrarsektor. Außerdem gehört sie zum Redaktionsteam der „Matsch!“, der Kinderzeitschrift aus dem Landwirtschaftsverlag. www.deichdeern.com
So klappt’s mit den Medien
Für gute Kontakte zu lokalen Medien hat Julia Nissen diese praktischen Tipps.
Aktiv melden: Einfach mal eine Mail schreiben, sich vorstellen und Ideen für eine Geschichte schicken, die gerade in die Jahreszeit passt. Vielleicht hat auch eine Familie Lust, sich ein Jahr lang begleiten zu lassen? Trauen Sie sich auch mit „schönen“ Themen in die Medien, wie einer Drillingsgeburt bei den Kühen oder dem Nachbarschaftswettbewerb um den dicksten Kürbis.
Termine vorbereiten: Nehmen Sie sich Zeit für das Gespräch. Schreiben Sie Fakten, die Ihnen wichtig sind, auf. Dazu können der Betriebsspiegel oder die Namen der Familienmitglieder gehören. So können Redakteurin oder Redakteur noch mal in Ruhe nachlesen.
Bilder mitdenken: Am besten überlegen Sie schon vor dem Termin, wo Sie gerne fotografiert werden möchten, und werfen auch einen Blick auf Ihr Outfit. „Ein weißes Hemd im Kuhstall passt nicht, aber es muss ja auch nicht die dreckigste Arbeitshose sein.“
Verlässliche Größe im Ort
Wer als landwirtschaftlicher Betrieb in Bauerschaft, Dorf oder Stadt positiv wahrgenommen werden möchte, hat dazu viele Möglichkeiten.
Preise spendieren: Egal ob bei Schützenfest oder Weihnachtsfeier – es gibt häufig eine Tombola. Dort einfach mal eine Mitfahrt auf dem Rübenroder oder die Teilnahme an einer Melkzeit verlosen. Auch ein Auftritt als Trikotsponsor ist denkbar.
Public Viewing: Wenn Mähdrescher oder Häcksler rollen, ist das für Kinder faszinierend. Julia Nissen schlägt vor, den Kindergarten zum „Public Viewing“ am Feldrand einzuladen. Auch sonst können Höfe als Gastgeber punkten. Vielleicht suchen Kirchengemeinde oder Kindergarten einen Ort fürs Erntedankfest oder die Kollegen für eine interne Feier. „Das ist natürlich eine Heidenarbeit“, sagt Julia Nissen. Der Lohn seien positive Erinnerungen und gute Gespräche über Landwirtschaft.
Nachbarn mitdenken: Wenn es dem nachbarschaftlichen Frieden dient, kann es sinnvoll sein, einen besonders leisen Futtermischwagen anzuschaffen. Ein aufgeräumter Hof macht auch auf Spaziergänger einen guten Eindruck. Und einfach mal Feedback von Reitern und Radfahrern einzuholen, kann das Miteinander nur verbessern.
Raus aus der Blase
Julia Nissen empfiehlt genau zu definieren, welche Zielgruppe die Kommunikation erreichen soll. Bei „Deichdeern“ sind das vor allem Frauen zwischen 25 und 44, viele mit Kindern. Landwirte gehören im Kern nicht dazu, schließlich möchte sie bewusst raus aus der landwirtschaftlichen Blase. Aber: „Als ich einmal einen Futtermischwagen mit einem Thermomix verglichen habe, hatte ich auf einmal lauter Lohner-Jungs.“ Harte technische Diskussionen im Kom-mentarbereich bremste sie auf ihre eigene Art aus. „Da habe ich zwei Wochen erst mal konsequent Mutti-Content gemacht. Da waren die wieder weg.“
Kommunikation muss nicht zwingend über die sozialen Medien laufen. Auch ein „Newsletter“, der einmal im Monat gedruckt im Postkasten der Nachbarschaft liegt, kann darüber informieren, warum Bauer und Trecker gerade unterwegs sind und was aktuell auf den Feldern ansteht.
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Gespräche rund um Landwirtschaft sind eine knifflige Angelegenheit. Schließlich ist die Materie kompliziert, viele haben eine Meinung und die meisten Otto-Normal-Bürger wenige Kontaktpunkte. Wie Öffentlichkeitsarbeit auch nebenbei funktionieren kann, das erläuterte Julia Nissen, bekannt als „Deichdeern“, jetzt auf Einladung der Landfrauen und Nebenerwerbslandwirte im Kreis Coesfeld.
Dem Gegenüber zuhören
„Bekehren ist nicht so eine gute Idee“, betonte sie. Besser sei es, Gespräche über Landwirtschaft wie einen Flirt anzugehen. Sprich: Keinen Monolog halten, sondern dem Gegenüber gut zuhören, Feedback und Einschätzungen abholen. Eine Präsenz in den sozialen Medien sei kein Muss. Aber wer dort unterwegs sei, sollte sich immer mal wieder fragen: „Teile ich auch genug gute Momente?“ Das können vermeintlich unspektakuläre Teile des Berufs sein – wie ein toller Sonnenaufgang auf dem Weg in den Stall.
Zur Person Julia Nissen lebt mit Mann und drei Kindern in Nordfriesland. Aufgewachsen ist die heute 36-Jährige „in einem Landhandel“ im Landkreis Steinburg. Nach Hauswirtschaftsschule und Agrarstudium war sie unter anderem beim Bauernblatt Schleswig-Holstein und dem Forum Moderne Landwirtschaft aktiv. Als „Landfluencerin“ mit großer Social-Media-Präsenz wurde sie bekannt. Mit „Klönstedt“ hat sie ein digitales Dorf gegründet und mit der „App aufs Land“ eine Kontaktstelle für echte Landerlebnisse. Sie und ihr Team machen auch Medienarbeit für Auftraggeber aus dem Agrarsektor. Außerdem gehört sie zum Redaktionsteam der „Matsch!“, der Kinderzeitschrift aus dem Landwirtschaftsverlag. www.deichdeern.com
So klappt’s mit den Medien
Für gute Kontakte zu lokalen Medien hat Julia Nissen diese praktischen Tipps.
Aktiv melden: Einfach mal eine Mail schreiben, sich vorstellen und Ideen für eine Geschichte schicken, die gerade in die Jahreszeit passt. Vielleicht hat auch eine Familie Lust, sich ein Jahr lang begleiten zu lassen? Trauen Sie sich auch mit „schönen“ Themen in die Medien, wie einer Drillingsgeburt bei den Kühen oder dem Nachbarschaftswettbewerb um den dicksten Kürbis.
Termine vorbereiten: Nehmen Sie sich Zeit für das Gespräch. Schreiben Sie Fakten, die Ihnen wichtig sind, auf. Dazu können der Betriebsspiegel oder die Namen der Familienmitglieder gehören. So können Redakteurin oder Redakteur noch mal in Ruhe nachlesen.
Bilder mitdenken: Am besten überlegen Sie schon vor dem Termin, wo Sie gerne fotografiert werden möchten, und werfen auch einen Blick auf Ihr Outfit. „Ein weißes Hemd im Kuhstall passt nicht, aber es muss ja auch nicht die dreckigste Arbeitshose sein.“
Verlässliche Größe im Ort
Wer als landwirtschaftlicher Betrieb in Bauerschaft, Dorf oder Stadt positiv wahrgenommen werden möchte, hat dazu viele Möglichkeiten.
Preise spendieren: Egal ob bei Schützenfest oder Weihnachtsfeier – es gibt häufig eine Tombola. Dort einfach mal eine Mitfahrt auf dem Rübenroder oder die Teilnahme an einer Melkzeit verlosen. Auch ein Auftritt als Trikotsponsor ist denkbar.
Public Viewing: Wenn Mähdrescher oder Häcksler rollen, ist das für Kinder faszinierend. Julia Nissen schlägt vor, den Kindergarten zum „Public Viewing“ am Feldrand einzuladen. Auch sonst können Höfe als Gastgeber punkten. Vielleicht suchen Kirchengemeinde oder Kindergarten einen Ort fürs Erntedankfest oder die Kollegen für eine interne Feier. „Das ist natürlich eine Heidenarbeit“, sagt Julia Nissen. Der Lohn seien positive Erinnerungen und gute Gespräche über Landwirtschaft.
Nachbarn mitdenken: Wenn es dem nachbarschaftlichen Frieden dient, kann es sinnvoll sein, einen besonders leisen Futtermischwagen anzuschaffen. Ein aufgeräumter Hof macht auch auf Spaziergänger einen guten Eindruck. Und einfach mal Feedback von Reitern und Radfahrern einzuholen, kann das Miteinander nur verbessern.
Raus aus der Blase
Julia Nissen empfiehlt genau zu definieren, welche Zielgruppe die Kommunikation erreichen soll. Bei „Deichdeern“ sind das vor allem Frauen zwischen 25 und 44, viele mit Kindern. Landwirte gehören im Kern nicht dazu, schließlich möchte sie bewusst raus aus der landwirtschaftlichen Blase. Aber: „Als ich einmal einen Futtermischwagen mit einem Thermomix verglichen habe, hatte ich auf einmal lauter Lohner-Jungs.“ Harte technische Diskussionen im Kom-mentarbereich bremste sie auf ihre eigene Art aus. „Da habe ich zwei Wochen erst mal konsequent Mutti-Content gemacht. Da waren die wieder weg.“
Kommunikation muss nicht zwingend über die sozialen Medien laufen. Auch ein „Newsletter“, der einmal im Monat gedruckt im Postkasten der Nachbarschaft liegt, kann darüber informieren, warum Bauer und Trecker gerade unterwegs sind und was aktuell auf den Feldern ansteht.