Ein Kommentar von Patrick Otte vom Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben:
Miese Erlöse, der Wechsel zwischen Dürre und Starkregen, ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit und reihenweise Betriebe, die ihre Tore schließen – die Landwirtschaft schrieb schon mal bessere Schlagzeilen. Lässt sich so einem jungen Menschen guten Gewissens raten, einen Agrarabschluss an einer Fachschule, Fachhochschule oder Universität anzustreben? Klare Antwort: Ja, gerade jetzt!
Denn die Tierhaltung und der Ackerbau werden in den kommenden Jahrzehnten in Deutschland anders aussehen. Große Treiber sind die Digitalisierung, die Klimaziele sowie sich ändernde gesellschaftliche Ansprüche und Essgewohnheiten. Die gesamte Branche befindet sich im Umbruch – vom einzelnen Hof über den Schlachtkonzern bis zum Handelsriesen. Gerade jetzt braucht es junge Frauen und Männer, die sich mit dieser Herausforderung auseinandersetzen, Lösungen für die Zukunft finden und Neues wagen. Das untermauern Fachleute in den aktuellen Berichten des Wochenblatts für Landwirtschaft und Landleben diese Woche.
Das Rüstzeug dazu sammeln die Nachwuchskräfte an Hoch- oder Fachschule. Sie bündeln Wissen aus Wirtschaft, Naturwissenschaft und Technik – genau die richtige Kombination, um die Herausforderung der Zukunft anzugehen. Denn in unserer komplexen Welt lassen sich viele Probleme nicht mehr nur aus einer Sicht betrachten und von einer Disziplin lösen. Das Denken ohne Scheuklappen wird noch wichtiger. Auch für die Praktiker auf den Betrieben.
Ihnen beistehen müssen Agrarexperten, die den Stall von innen kennen und den Acker vom Schleppersitz. Nur wenn sie die praktische Erfahrung mit dem Akademischen vereinen, können sie den Landwirtinnen und Landwirten gangbare Lösungen zeigen und bilden so ein Scharnier zwischen Hof und Hörsaal.
Geschieht das nicht, überlassen sie diesen Wandel fachfremden „Experten“, die den Alltag auf dem Hof nicht kennen und sich kaum in einen Betriebsleiter hineindenken können.
Dabei sind Agrarabsolventen begehrt. Viele Firmen der Branche nehmen sie mit Kusshand. Denn der Fachkräftemangel in den Unternehmen ist kein fernes Wetterleuchten mehr, sondern Realität. Die Bewerber sind in der komfortablen Rolle, dass sie ein angemessenes Gehalt und passende Arbeitsbedingungen verhandeln können.
Auch außerhalb des Agrarsektors werden diese Generalisten mit Anpackermentalität genommen. Man findet sie bei Banken, Versicherungen und Unternehmensberatern. Ein größeres Feld werden Energiewende und Klimabilanzierung sein, wo diese Profis mit Stallgeruch ein Wort mitreden werden.