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topplus Klimaschutz im Verkehr

Rückschlag für Biokraftstoffe: Umweltministerium will Mineralölkonzerne stärken

Eine Mischung aus fossilem und pflanzlichem Öl soll anteilig als Biokraftstoff zugelassen werden. Das wäre ein Schlag gegen die dezentrale Produktion, befürchtet die Biokraftstoffindustrie.

Lesezeit: 4 Minuten

Hintergrund: Mit der 37. Bundes-Immissionsschutzverordnung (37. BImSchV) will das Bundesumweltministerium (BMUV) den Klimaschutz im Verkehr weiter voranbringen. Welche Auswirkungen das auf heimische Biokraftstoffe wie Biodiesel, Bioethanol oder Bio-CNG/-LNG hätte, erläutert Elmar Baumann vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) im top agrar-Interview.

Die Bundesregierung plant eine Änderung der 37. BImSchV. Um was geht es?

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Baumann: In der Neufassung der Verordnung werden unter anderem die Voraussetzungen geregelt, unter denen strombasierte Kraftstoffe, also E-Fuels, auf die Treibhausminderungsquote, kurz THG-Quote, angerechnet werden können. Kopfschmerzen bereitet uns die vom Bundesumweltministerium vorgesehene Wiederaufnahme der Anrechnung des Co-Hydrotreating.

Was bedeudet Co-Hydrotreating?

Baumann: Gemeint ist, dass biogenes Öl auf die THG-Quote angerechnet werden darf, das in der Mineralölraffinerie zusammen mit fossilem Öl hydriert worden ist. Es wird als co-HVO, also „co-Hydrotreated Vegetable Oil bezeichnet. Die Änderung war für einen kurzen Zeitraum bis 2020 aus europarechtlichen Gründen erforderlich und soll nun nach dem Willen von Bundesumweltministerin Steffi Lemke dauerhaft möglich sein. Europarechtlich ist eine Anrechnung aber nicht mehr geboten. Also kommt das BMUV dem Wunsch der Mineralölindustrie nach.

Warum sehen Sie das kritisch?

Baumann: Um auf die deutschen Quoten angerechnet zu werden, muss co-HVO aus bestimmten Abfällen und Reststoffen gemäß Anhang IX Teil A der Erneuerbare Energien-Richtlinie hergestellt werden. Das ist die Kategorie von Rohstoffen, deren mutmaßlich fehlerhafte Zertifizierung bei Biodiesel-Importen aus China seit Ende 2022 zu schweren Verwerfungen im deutschen und europäischen Biokraftstoff-Markt geführt hat. Es ist nicht nachvollziehbar, warum das BMUV jetzt mit co-HVO einen weiteren Kraftstoff zulassen will, der aus genau dieser sensiblen Rohstoffkategorie hergestellt wird.

Frühere Bundesregierungen haben sich aus mittelstandspolitischen Überlegungen gegen eine Anrechnung von co-HVO entschieden. Da co-HVO der Mineralölindustrie eine weitere Erfüllungsoption an die Hand gibt, die sie in ihren Raffinerien herstellen kann, verschiebt sich die Marktmacht durch die Initiative des BMUV weiter zur Mineralölwirtschaft. Das halten wir für falsch.

Welche Folgen hätte das?

Baumann: Co-HVO aus Anhang IX Teil A-Rohstoffen kann als fortschrittlicher Biokraftstoff zu großen Teilen doppelt auf die THG-Quote angerechnet werden. Deshalb würden Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse wie Biodiesel aus Raps bis 2030 vollständig vom deutschen Markt verdrängt werden. Das ist inakzeptabel, auch aus Sicht der Landwirtschaft.

Durch die unzureichenden Vorgaben für die Zertifizierung fortschrittlicher Biokraftstoffe befürchten wir ähnliche Probleme durch co-HVO wie bei den mutmaßlich falsch deklarierten Importen aus China: Marktverwerfungen und massive Nachteile für heimische Biokraftstoffproduzenten. Wir gehen davon aus, dass erhebliche Mengen dieser Importware nicht aus den angegebenen Rohstoffen, sondern aus Palmöl hergestellt werden, das in Deutschland nicht mehr zugelassen ist.

Durch die Importe aus China haben die Mineralölunternehmen außerdem große Quotenmengen angesammelt, die auf die kommenden Jahre übertragen werden können. Das zeigt sich deutlich an dem Preis für die THG-Quote, der sich in den letzten Monaten halbiert hat.

Wie würde sich das auf den Klimaschutz im Verkehr auswirken?

Baumann: Es droht eine Verringerung der realen THG-Minderung im Straßenverkehr. Denn das aus Rohstoffen des Anhang IX Teil A produzierte co-HVO wird doppelt auf die THG-Quote angerechnet, ohne diese THG-Minderung wirklich zu liefern. Nach ersten Schätzungen würden bis 2030 kumuliert ca. 23 Mio. t weniger CO₂ eingespart. Für uns ist es daher absolut unverständlich, warum das BMUV „aus Klimaschutzgründen“ co-HVO einführen will. Schließlich ist die Anrechnung ist zur Erfüllung der THG-Quote überhaupt nicht erforderlich: Die Mineralölwirtschaft hat THG-Quote und Unterquote stets übererfüllt.

Was schlagen Sie vor?

Baumann: Wir fordern, die bisherige Regelung beizubehalten und co-HVO aus der 37. BImSchV zu streichen. Sollte die Bundesregierung sich dafür entscheiden, die Marktmacht der Mineralölkonzerne weiter zu vergrößern, indem co-HVO zugelassen wird, dann sind zwei Dinge unabdingbar: eine Verschärfung der Nachhaltigkeitszertifizierung und Kontrolle fortschrittlicher Biokraftstoffe gemäß Anhang IX Teil A sowie eine Anhebung von THG-Quote und Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe.

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