Wie ist die neue Produktgruppe der Biologicals rechtlich eingeordnet?
Einen rechtlichen Rahmen gab es für Pflanzen-Biostimulanzien bislang nicht. Nun sind sie in der EU-Düngeprodukte-Verordnung aufgeführt. Mit der Regelung ändern sich auch die Vorgaben.
Unsere Autorin: Dr. Theresa Krato und Kathrin Draaken, Industrieverband Agrar e.V.
Die Produktgruppe der Biostimulanzien zählt weder zu den Pflanzenschutz- noch zu den Düngemitteln. Pflanzen-Biostimulanzien sind der Oberbegriff für einen „neuen Baustein“ im integrierten Pflanzenbau und werden im Rahmen der Verordnung (EU) 2019/1009, Anhang 1 Teil II als eigenständige Produktfunktionskategorie (PFC) 6: „Pflanzen-Biostimulans“ aufgeführt.
„Ein Pflanzen-Biostimulans ist ein EU-Düngeprodukt, das dazu dient, pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu stimulieren, wobei ausschließlich auf die Verbesserung eines oder mehrerer der folgenden Merkmale der Pflanze oder der Rhizosphäre der Pflanze abgezielt wird:
Effizienz der Nährstoffverwertung,
Toleranz gegenüber abiotischem Stress,
Qualitätsmerkmale oder
Verfügbarkeit von im Boden oder in Rhizosphäre enthaltenen Nährstoffen.“
In der neuen europäischen Düngeprodukte-Verordnung (EU) 2019/1009, die seit dem 16. Juli 2022 vollständig gilt, werden Pflanzen-Biostimulanzien somit erstmals als eigenständige Produktgruppe EU-weit einheitlich definiert. Dabei sind sie nicht als klassisches Düngemittel definiert, da sie keine Nährstoffe bereitstellen sollen. „Ihre Wirkung geht über die von Düngemitteln hinaus, sollen sie doch die Effizienz dieser Düngemittel optimieren und den Nährstoffeintrag verringern“ (Erwägungsgrund (22) VO 2019/1009).
Die Verordnung unterscheidet dabei zwischen mikrobiellen und nichtmikrobiellen Pflanzen-Biostimulanzien. Zu den nichtmikrobiellen gehören z. B. Algenextrakte, Aminosäuren, anorganische Substanzen und Humin- und Fulvosäuren. Bei den mikrobiellen Biostimulanzien sind laut Verordnung aktuell nur vier Mikroorganismen Spezies zulässig: Azotobacter spp., Rhizobium spp., Azospirillum spp., und Mykorrhizapilze. Die Kommission erarbeitet gerade einen Vorschlag zur Erweiterung der Positivliste für Mikroorganismen.
Klare Abgrenzung wichtig
Da Pflanzen-Biostimulanzien aktuell in „aller Munde“ sind, kursieren in Gesellschaft, Politik und Presse eine Vielzahl an Begrifflichkeiten die recht ähnlich klingen, sich aber deutlich voneinander unterscheiden. Neben den bereits vorgestellten Pflanzen-Biostimulanzien trifft man in dem Kontext häufig auf folgende Produktgruppen:
Biologische Pflanzenschutzmittel fallen unter den Geltungsbereich der Pflanzenschutz-Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Diese unterscheidet nicht zwischen chemisch-synthetischen und „natürlichen“ Pflanzenschutzmitteln. Für letztgenannte gibt es keine offizielle Definition hinsichtlich Wirkstoffe und Produkte. Lediglich für Mikroorganismen existieren spezifische Prüf- und Zulassungsanforderungen. Beim IVA werden die biologischen Pflanzenschutzmittel und die Pflanzen-Biostimulanzien im Arbeitsschwerpunkt Biologicals zusammengefasst.
Pflanzenstärkungsmittel hingegen sind eine Besonderheit des deutschen Pflanzenschutzrechts, die in der EU-Pflanzenschutz-Verordnung nicht definiert werden.
Pflanzenhilfsmittel oder Bodenhilfsstoffe, sie unterliegen dem nationalen Düngemittelrecht.
Aktuell sind einige Pflanzen-Biostimulanzien mangels alternativer Zulassungswege in Deutschland über den Weg der Pflanzenstärkungsmittel auf dem Markt, andere nach nationalem Düngemittelrecht als Bodenhilfsstoff oder Pflanzenhilfsmittel. Das Inkrafttreten der neuen EU-Düngeprodukte-Verordnung hat zunächst keine direkten Auswirkungen auf die Zulassung eines Produktes als Pflanzenstärkungsmittel und umgekehrt auch nicht. Denn die nationalen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Künftig mit CE-Kennzeichen
EU-Düngeprodukte, zu denen die Pflanzen-Biostimulanzien gehören, erhalten künftig im Rahmen der Registrierung ein CE-Kennzeichen. Dieses bestätigt die Konformität mit den Vorgaben der Düngeproduktverordnung und schafft verlässliche Voraussetzungen für die zukünftige Vermarktung.
Um das Siegel zu erhalten, muss ein Mittel in Abhängigkeit von den Produkteigenschaften und den eingesetzten Ausgangsstoffen eines von vier Bewertungsmodulen durchlaufen. Die Funktion eines Produktes ist dabei das erste Kriterium zur Auswahl des Konformitätsbewertungsmoduls. Die grundlegenden Anforderungen an die jeweilige Produktfunktionskategorie (PFC) finden sich im Anhang I der Verordnung (EU) 2019/1009.
Die Zusammensetzung eines Produktes ist das zweite Kriterium zur Auswahl des Konformitätsbewertungsmoduls. Die grundlegenden Anforderungen an die jeweiligen Komponentenmaterialkategorien (CMC) finden sich im Anhang II der Verordnung.
Die vier Module setzen unterschiedliche Anforderungen voraus. Für Biostimulanzien sind höhere Anforderungen vorgesehen, die mit Prüfstandards gekoppelt sind. Zur Überprüfung sind externe, unabhängige Konformitätsbewertungsstellen (KBS) notwendig. Alle notifizierten Stellen können in der NANDO-Datenbank abgerufen werden. In Deutschland hat das Julius-Kühn-Institut den Auftrag zur Einrichtung einer KBS erhalten und den Aufbauprozess begonnen.
Wirkung gilt es nachzuweisen
Generell gilt, dass die Wirkung von Pflanzen-Biostimulanzien auf die Kulturpflanze und den Boden nachweisbar sein muss. Dies hat gemäß den EU-Normen und den Standards, die in der Verordnung (EU) 2019/1009 festgelegt sind zu erfolgen. Dazu zählen z. B. Praxisversuche in Abhängigkeit von der Pflanzen- bzw. der Bodenart und dem pH-Wert. Die Wirkung ist außerdem auf der Produktkennzeichnung auszuweisen. Die Normen werden auf europäischer Ebene vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) erarbeitet und aktuell veröffentlicht.
Inhaltsstoffe, die verwendet werden dürfen, sind in der Verordnung klar definiert, für Schadstoffe gibt es strikte Grenzwerte, die einzuhalten sind. Die Verordnung sieht für alle Produktgruppen und Ausgangsstoffe umfangreiche und spezifische Schadstoffgrenzwerte vor. Generell gilt, dass EU-Düngeprodukte kein Risiko für Mensch, Tier oder Pflanze, für die Sicherheit oder für die Umwelt bergen dürfen.
Durch ihre oftmals natürlichen Ausgangsstoffe sind Pflanzen-Biostimulanzien grundsätzlich auch im Ökologischen Landbau einsetzbar. (Maßgeblich dafür sind Anhang II Teil I Nr. 1.9 der Öko-Verordnung (EU) 2018/848 und Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1165).
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Unsere Autorin: Dr. Theresa Krato und Kathrin Draaken, Industrieverband Agrar e.V.
Die Produktgruppe der Biostimulanzien zählt weder zu den Pflanzenschutz- noch zu den Düngemitteln. Pflanzen-Biostimulanzien sind der Oberbegriff für einen „neuen Baustein“ im integrierten Pflanzenbau und werden im Rahmen der Verordnung (EU) 2019/1009, Anhang 1 Teil II als eigenständige Produktfunktionskategorie (PFC) 6: „Pflanzen-Biostimulans“ aufgeführt.
„Ein Pflanzen-Biostimulans ist ein EU-Düngeprodukt, das dazu dient, pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu stimulieren, wobei ausschließlich auf die Verbesserung eines oder mehrerer der folgenden Merkmale der Pflanze oder der Rhizosphäre der Pflanze abgezielt wird:
Effizienz der Nährstoffverwertung,
Toleranz gegenüber abiotischem Stress,
Qualitätsmerkmale oder
Verfügbarkeit von im Boden oder in Rhizosphäre enthaltenen Nährstoffen.“
In der neuen europäischen Düngeprodukte-Verordnung (EU) 2019/1009, die seit dem 16. Juli 2022 vollständig gilt, werden Pflanzen-Biostimulanzien somit erstmals als eigenständige Produktgruppe EU-weit einheitlich definiert. Dabei sind sie nicht als klassisches Düngemittel definiert, da sie keine Nährstoffe bereitstellen sollen. „Ihre Wirkung geht über die von Düngemitteln hinaus, sollen sie doch die Effizienz dieser Düngemittel optimieren und den Nährstoffeintrag verringern“ (Erwägungsgrund (22) VO 2019/1009).
Die Verordnung unterscheidet dabei zwischen mikrobiellen und nichtmikrobiellen Pflanzen-Biostimulanzien. Zu den nichtmikrobiellen gehören z. B. Algenextrakte, Aminosäuren, anorganische Substanzen und Humin- und Fulvosäuren. Bei den mikrobiellen Biostimulanzien sind laut Verordnung aktuell nur vier Mikroorganismen Spezies zulässig: Azotobacter spp., Rhizobium spp., Azospirillum spp., und Mykorrhizapilze. Die Kommission erarbeitet gerade einen Vorschlag zur Erweiterung der Positivliste für Mikroorganismen.
Klare Abgrenzung wichtig
Da Pflanzen-Biostimulanzien aktuell in „aller Munde“ sind, kursieren in Gesellschaft, Politik und Presse eine Vielzahl an Begrifflichkeiten die recht ähnlich klingen, sich aber deutlich voneinander unterscheiden. Neben den bereits vorgestellten Pflanzen-Biostimulanzien trifft man in dem Kontext häufig auf folgende Produktgruppen:
Biologische Pflanzenschutzmittel fallen unter den Geltungsbereich der Pflanzenschutz-Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Diese unterscheidet nicht zwischen chemisch-synthetischen und „natürlichen“ Pflanzenschutzmitteln. Für letztgenannte gibt es keine offizielle Definition hinsichtlich Wirkstoffe und Produkte. Lediglich für Mikroorganismen existieren spezifische Prüf- und Zulassungsanforderungen. Beim IVA werden die biologischen Pflanzenschutzmittel und die Pflanzen-Biostimulanzien im Arbeitsschwerpunkt Biologicals zusammengefasst.
Pflanzenstärkungsmittel hingegen sind eine Besonderheit des deutschen Pflanzenschutzrechts, die in der EU-Pflanzenschutz-Verordnung nicht definiert werden.
Pflanzenhilfsmittel oder Bodenhilfsstoffe, sie unterliegen dem nationalen Düngemittelrecht.
Aktuell sind einige Pflanzen-Biostimulanzien mangels alternativer Zulassungswege in Deutschland über den Weg der Pflanzenstärkungsmittel auf dem Markt, andere nach nationalem Düngemittelrecht als Bodenhilfsstoff oder Pflanzenhilfsmittel. Das Inkrafttreten der neuen EU-Düngeprodukte-Verordnung hat zunächst keine direkten Auswirkungen auf die Zulassung eines Produktes als Pflanzenstärkungsmittel und umgekehrt auch nicht. Denn die nationalen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Künftig mit CE-Kennzeichen
EU-Düngeprodukte, zu denen die Pflanzen-Biostimulanzien gehören, erhalten künftig im Rahmen der Registrierung ein CE-Kennzeichen. Dieses bestätigt die Konformität mit den Vorgaben der Düngeproduktverordnung und schafft verlässliche Voraussetzungen für die zukünftige Vermarktung.
Um das Siegel zu erhalten, muss ein Mittel in Abhängigkeit von den Produkteigenschaften und den eingesetzten Ausgangsstoffen eines von vier Bewertungsmodulen durchlaufen. Die Funktion eines Produktes ist dabei das erste Kriterium zur Auswahl des Konformitätsbewertungsmoduls. Die grundlegenden Anforderungen an die jeweilige Produktfunktionskategorie (PFC) finden sich im Anhang I der Verordnung (EU) 2019/1009.
Die Zusammensetzung eines Produktes ist das zweite Kriterium zur Auswahl des Konformitätsbewertungsmoduls. Die grundlegenden Anforderungen an die jeweiligen Komponentenmaterialkategorien (CMC) finden sich im Anhang II der Verordnung.
Die vier Module setzen unterschiedliche Anforderungen voraus. Für Biostimulanzien sind höhere Anforderungen vorgesehen, die mit Prüfstandards gekoppelt sind. Zur Überprüfung sind externe, unabhängige Konformitätsbewertungsstellen (KBS) notwendig. Alle notifizierten Stellen können in der NANDO-Datenbank abgerufen werden. In Deutschland hat das Julius-Kühn-Institut den Auftrag zur Einrichtung einer KBS erhalten und den Aufbauprozess begonnen.
Wirkung gilt es nachzuweisen
Generell gilt, dass die Wirkung von Pflanzen-Biostimulanzien auf die Kulturpflanze und den Boden nachweisbar sein muss. Dies hat gemäß den EU-Normen und den Standards, die in der Verordnung (EU) 2019/1009 festgelegt sind zu erfolgen. Dazu zählen z. B. Praxisversuche in Abhängigkeit von der Pflanzen- bzw. der Bodenart und dem pH-Wert. Die Wirkung ist außerdem auf der Produktkennzeichnung auszuweisen. Die Normen werden auf europäischer Ebene vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) erarbeitet und aktuell veröffentlicht.
Inhaltsstoffe, die verwendet werden dürfen, sind in der Verordnung klar definiert, für Schadstoffe gibt es strikte Grenzwerte, die einzuhalten sind. Die Verordnung sieht für alle Produktgruppen und Ausgangsstoffe umfangreiche und spezifische Schadstoffgrenzwerte vor. Generell gilt, dass EU-Düngeprodukte kein Risiko für Mensch, Tier oder Pflanze, für die Sicherheit oder für die Umwelt bergen dürfen.
Durch ihre oftmals natürlichen Ausgangsstoffe sind Pflanzen-Biostimulanzien grundsätzlich auch im Ökologischen Landbau einsetzbar. (Maßgeblich dafür sind Anhang II Teil I Nr. 1.9 der Öko-Verordnung (EU) 2018/848 und Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1165).