Treten Mäuse in Massen auf, sind Ertragsverluste von über 30 % möglich. Durch den milden Winter nimmt in vielen Regionen die Sorge zu, dass es auch 2024 viele Mäuseschäden geben wird.
Bei leichtem bis mittlerem Befall reicht eine Bekämpfung mit der Legeflinte oft aus. Bei Starkbefall sind aber Notfallzulassungen zum Streueinsatz von Ködern erforderlich.
Vorbeugende und nichtchemische Bekämpfungsmaßnahmen
Generell ist vorbeugenden und nichtchemischen Bekämpfungsmaßnahmen der Vorrang zu geben. Besonders in der frühen Phase des Populationsanstiegs dürften solche Maßnahmen wirkungsvoll sein und die Massenvermehrung verzögern.
Für wirksame nichtchemische Bekämpfungsmaßnahmen ist es wichtig, den Populationsanstieg rechtzeitig zu erkennen. Die Pflanzenschutzdienste informieren sich gegenseitig kontinuierlich zu aktuellen Erkenntnissen zur Populationsentwicklung bei Feldmäusen. Bei ansteigenden Befallswerten erfolgt eine Empfehlung zur Verwendung von nichtchemischen Bekämpfungsmaßnahmen im Pflanzenschutz-Warndienst.
Feldraine, Straßengräben, Böschungen, Standorte von Windenergieanlagen und anderes Nichtkulturland sind Rückzugsgebiete der Feldmaus, sobald die Nahrungsgrundlage auf der Ackerfläche fehlt. Regelmäßiges Mähen oder Mulchen von Nichtkulturland in Abstimmung mit dem Flächeneigentümer und ggf. unter Beachtung weiterer behördlicher Auflagen erleichtert den Zugriff der Pressfeinde in diesen Primärbiotopen. Dadurch lässt sich die Feldmauspopulation vermutlich in gewissem Maße regulieren und das Risiko des Wiedereinwanderns in die Neusaaten auf der Ackerfläche mindern.
Mit Sitzstangen werden Greifvögel gezielt zum Befall geführt. In Phasen, in denen die Zunahme der Feldmausdichte unter der Fraßleistung der natürlichen Feinde liegt, ist eine zeitweise und örtliche Reduktion der Feldmauspopulation auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche durch diese Maßnahme denkbar.
Das Aufstellen der Sitzstangen direkt auf Nichtkulturland bzw. entlang der Grenze zwischen Primärbiotopen und landwirtschaftlicher Nutzfläche könnte somit eine geeignete Maßnahme des Populations-Managements bei Feldmäusen, zumindest in Jahren des Populationsaufbaus sein.
Die Schwarzbrache entzieht der Feldmauspopulation (zumindest zeitweise) die Nahrungsgrundlage. Die Wirkung ist umso nachhaltiger, je länger der Zeitraum ohne Pflanzenbewuchs andauert. Allerdings schiebt die EU-Agrarpolitik mit der Pflicht zur Mindestbodenbedeckung dem weitestgehend einen Riegel vor.
Pflügen hilft
Eine tiefe Bodenbearbeitung führt zu einer Zerstörung der Gänge und Baue. Dieser Effekt lässt sich sowohl mit dem Pflug als auch mit nichtwendender Bodenbearbeitung (z. B. tiefes Grubbern) erreichen. Voraussetzung ist jedoch eine Bearbeitungstiefe von mindestens 20 cm. Bei erhöhtem Befall sind unter Umständen mehrere Bearbeitungsschritte notwendig. Diese Form der Bodenbearbeitung ist aufwändig, hat eine nur geringe Schlagkraft und zerstört etablierte Bodengefüge. Deshalb wird dieses Vorgehen nur bei vorhandenem Befall empfohlen.
In Phasen mit einer sehr hohen Dichte der Feldmauspopulation (Gradationsphase) erzielen vorbeugende und nichtchemische Bekämpfungsmaßnahmen jedoch keine ausreichende Wirkung. Dann wird die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (Rodentiziden) erforderlich.
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Interessante Praxisversuche aus Wittenberg
Spannend sind in dem Zusammenhang Versuche der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg aus 2017 mit unterschiedlichen Bearbeitungsstrategien:
Eine ganzflächige, nicht-mischende Mulchsaat mit Tiefenlockerung (30 bis 35 cm). Das tiefe Lockern sollte die Gänge, Nester und Vorratskammern unterfahren, die sich oft in Tiefen von 15 bis 30 cm befinden.
Eine flache Mulchsaat ohne tiefe Lockerung. Zum Einsatz kam eine Zinkenrotor-Drillmaschinen-Kombination. Die Arbeitstiefe lag bei 8 bis 10 cm.
Eine tiefe, intensiv mischende Mulchsaat mit einem dreibalkigen Flügelschargrubber. Der Grubber arbeitete dabei in einer Tiefe von 20 bis 25 cm
Die Ergebnisse: Bei der Variante mit Tiefenlockerung konnte die Anzahl der Bauten pro ha zu beiden Boniturterminen im Herbst nur um etwa 20 % reduzieren. Das alleinige Aufbrechen des Bodens zerstörte die Bauten demnach nur unzureichend. Viele Mäuse konnten sich wieder befreien und ihre Gangsysteme erneut herstellen. Dies war schon wenige Stunden nach dem Arbeitsgang zu beobachten. Das erklärt auch, warum die Aktivität der Mäuse innerhalb der Bauten zum zweiten Boniturtermin fast das Niveau der Mulchsaat ohne Lockerung erreicht hat.
Wesentlich effektiver war dagegen die Variante „Grubbern in 20 bis 25 cm Arbeitstiefe“. Das Lockern und intensive Einmischen von Ernterückständen sowie Ausfallackerbohnen reduzierte nicht nur die Anzahl der Bauten pro ha, sondern auch die Anzahl Mäuselöcher pro Bau drastisch. In der Summe ließ sich mit dem tiefen Grubbern die Gesamtzahl der Mäuselöcher pro ha um etwa 95% verringern.
Dies senkt nicht nur das Schadensrisiko erheblich, sondern auch den Arbeitsaufwand beim Legen von Giftweizen sowie dessen Aufwandmenge. Auf stark zu Erosion neigenden Flächen fördert das intensive und tiefe Grubbern jedoch die Erosionsgefahr. Daher ist die Variante hier nur bedingt zu empfehlen.
Wie wirken Unterbodenlockerung und Zwischenfrüchte?
Untermauern ließen sich diese Ergebnisse im Wesentlichen durch einen zweiten Versuch. Dieser beinhaltete folgende Varianten:
mit und ohne Unterbodenlockerung – dabei kam ein einzinkiger Tiefenlockerer mit 60 bis 70 cm Arbeitstiefe bei einem Lockerungsabstand von 50 cm zum Einsatz und
ohne und mit dem Anbau einer Sommerzwischenfrucht – angebaut wurde der Ölrettich „Tillage Radish“.
Die Ergebnisse: Auch die noch tiefere Lockerung hatte keinen Einfluss auf den Mäusebefall. Die Gesamtzahl und die Anzahl der belaufenen Mäuselöcher war zum Vegetationsende zwischen den Varianten in etwa gleich hoch.
Dagegen bot die Zwischenfrucht unabhängig von der Lockerung ausreichend Schutz und Nahrung für eine gute Entwicklung der Mäuse im Herbst. Im Versuch waren die belaufenen Mäuselöcher mit frisch angefressenem Pflanzenmaterial zum Ende der Vegetation deutlich zu sehen. Im nachfolgenden Frühjahr wurde in diesem Versuch allerdings keine Mäuseaktivität mehr festgestellt.
Dennoch ist insbesondere in Jahren und Gebieten mit hohem Mäuseaufkommen der Zwischenfruchtanbau kritisch zu prüfen, um die Populationsentwicklung im Herbst nicht weiter zu begünstigen oder die Chancen der Mäuse zu erhöhen, in andere Flächen auszuwandern.
Ist ein Reduzieren der Mäuse mit flacher Bearbeitung möglich?
Besonders der Anbau von Winterweizen nach Raps bietet im Regelfall gute Voraussetzungen für die flache pfluglose Bodenbearbeitung. Vielfach hat es sich bewährt, den Ausfallraps entweder durch mehrmaliges flaches Grubbern in einer Tiefe von 10 bis 12 cm zu beseitigen oder Glyphosat anzuwenden (1000 g Wirkstoff/ha). Der Einsatz erfolgt bei noch kleinem Ausfallraps, meist drei Wochen nach der Rapsernte.
Neben diesen beiden Varianten wurde in einer dritten Versuchsvariante der Ausfallraps erst kurz vor der Winterweizenaussaat mit einem Schlegelmulcher gehäckselt und einmal mit einem dreibalkigen Grubber rund 10 bis 12 cm tief bearbeitet. Letztere Variante stellt eine Glyphosat-freie Alternative mit möglichst langer Bodenbedeckung auf erosionsgefährdeten Flächen dar.
Die Ergebnisse: Den besten Bekämpfungserfolg erreichte die einmalige Glyphosat-Anwendung. Damit ließ sich sowohl die Anzahl der bewohnten Bauten pro ha als auch die Anzahl der Löcher pro Bau sehr stark verringern. Der Erfolg dieser Variante mit Glyphosat-Einsatz ist sehr wahrscheinlich auf den Nahrungsentzug durch den fehlenden Ausfallraps über mehrere Wochen hinweg zurückzuführen und lässt sich nicht durch direkte Wirkungen von Glyphosat auf die Mäuse erklären. Um den Einsatz von Glyphosat aber weitestgehend zu vermeiden, sollte sich diese Bekämpfungsstrategie nur auf erosionsgefährdete Standorte beschränken.
Dichte bei verschiedenen Maßnahmen gegen Ausfallraps
So aktiv waren die Mäuse in den Bauten nach dem Beseitigen
Auch der mehrmalige Grubbereinsatz konnte die Anzahl an Bauten pro ha sehr stark senken. Die Aktivität der Mäuse (Anzahl Löcher pro Bau) war in dieser Variante zum zweiten Boniturtermin dagegen am höchsten. Nach dem dreimaligen Grubbern im Versuch war zudem die Bodenoberfläche sehr feinkrümelig und fast frei von Ernterückständen. Ein effektiver Erosionsschutz war somit nicht mehr gegeben.
In der Mulcher-Variante trat insgesamt das höchste Mäuseaufkommen auf. Die „grüne Brücke“ zwischen Raps-ernte und Winterweizenaussaat bot für die Mäuse offensichtlich ideale Möglichkeiten, um zu überdauern. Bleibt Ausfallraps zudem lange auf dem Acker, hat das zusätzlich Nachteile bei Rapsschädlingen, wie dem Rapserdfloh. Allein aus diesem Grund empfiehlt sich diese Variante allenfalls in Ausnahmefällen.
Fazit für die Praxis
Mit pfluglosen Verfahren der Bodenbearbeitung ist es durchaus möglich, den Mäusebefall zu regulieren. Entscheidend ist dabei nicht allein die Arbeitstiefe. Es kommt zusätzlich darauf an, den Boden intensiv zu mischen und mehrmals zu bearbeiten.
Die Arbeitstiefe und die Mischungsintensität führen dabei die direkte Zerstörung der Gangsysteme herbei. Das häufige Bearbeiten vermindert die Wiederbesiedlung, weil das Nahrungsangebot (inklusive dem Vergraben aufliegender Samen von Ausfallkulturen) durchbrochen wird.
Dass sich der wiederholte Einsatz mehrbalkiger Grubber mit Arbeitstiefen von etwa 20 bis 25 cm als vorteilhaft gegen Mäuse erweist, haben die zahlreiche Versuche deutlich gezeigt. Einschränkend ist bei allen Bodenbearbeitungsmaßnahmen zu berücksichtigen, dass diese nur zur Jugendentwicklung der Kulturen wirken. Wie sich der Befall in der weiteren Vegetation nach dem Winter entwickelt, hängt z.B. von der Witterung oder dem Populationszustand der Mäuse ab.
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Bedeutung der Feldmaus (Microtus arvalis)
Die Feldmaus ernährt sich überwiegend von Pflanzen. Auf landwirtschaftlichen Nutzflächen führt der Fraß zu Schäden am Kulturpflanzenbestand und damit zu Ertragsverlusten. Bei einem Besatz von weniger als 80-130 Tieren/ha wird der Ertragsverlust als gering und wirtschaftlich unbedeutend eingeschätzt.
Zum Zyklus der Entwicklung von Feldmäusen gehört die wiederkehrende Massenvermehrung in einem Abstand von 2 bis 5 Jahren. In dieser Phase kann der Mäusebesatz auf der Fläche auf über 1.000 Tiere pro Hektar anwachsen. Dabei können extrem starke Schäden an den Kulturpflanzen bis hin zum Totalverlust der Ernte entstehen.
Starke Fraßschäden führen zu erheblichen materiellen und finanziellen Verlusten in der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Praxis, zu hygienischen Beeinträchtigungen beim Erntegut sowie zu Folgeschäden in der Fruchtfolge (z. B. Spätverunkrautung auf kahl gefressenen Befallsnestern), die auch zusätzliche Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln (PSM) zur Folge haben können. Im Übrigen spielen Feldmäuse in den Bereichen Human- und Veterinärmedizin als Überträger von Infektionskrankheiten gelegentlich eine Rolle.
Die Feldmaus besitzt als zentrale Nahrungsgrundlage für verschiedene Tierarten eine wichtige ökologische Funktion. Deshalb sind Feldmäuse nur bei Überschreitung von Bekämpfungsrichtwerten (BRW) zu bekämpfen. Räuberpopulationen verhalten sich zeitlich versetzt analog zur Entwicklung der Feldmauspopulation.
In Jahren mit einer Massenvermehrung bei Feldmäusen sind auch die Reproduktionsraten bei den Pressfeinden sehr hoch. Im Jahr des Zusammenbruchs führt der Nahrungsmangel zu einem Rückgang der Population der Pressfeinde.
Chemische Bekämpfung mit Rodentiziden
Wichtige Tipps
Folgendes ist vor allem auf Risikoflächen angeraten:
Verteilen Sie das Stroh der Vorkultur exakt oder bergen Sie es.
Bearbeiten Sie die Stoppeln nach der Ernte – das durchbricht grüne Brücken.
Führen Sie keine Direktsaat nach starken Mäuseschäden durch. Handeln Sie bei Überschreiten der Werte am besten sofort. Alle Präparate müssen Sie verdeckt mit der Legeflinte ausbringen.
Säen Sie nach einem Starkbefall möglichst etwas später.
Mähen Sie Rückzugsgebiete.
Pflügen Sie – falls möglich – am Schlagrand tief (Barriere für Mäuse). • Stellen Sie Sitzkrücken für Greif- vögel auf (gilt nur dann, wenn Sie kein Rodentizid anwenden)
Erfassung des Befalls
Zur Ermittlung des vorhandenen Befalls und der Aktivität der Feldmäuse auf der jeweiligen Fläche hat sich die Lochtret-Methode bewährt. Dazu erfolgt das Verschließen aller vorhandenen Feldmauslöcher auf einer Kontrollfläche von 250 m2. Nach 24 Stunden wird die Auszählung der wieder geöffneten Löcher (wgL) vorgenommen.
Die Anzahl wgL korreliert mit der Anzahl der vorhandenen Feldmäuse auf der Fläche im Verhältnis von etwa 2,5: 1. Bei repräsentativer Auswahl der Kontrollfläche lässt sich mit der Lochtret-Methode eine hinreichend exakte Einschätzung der örtlichen Befallssituation vornehmen. Die derzeit genutzten Bekämpfungsrichtwerte basieren auf der beschriebenen Methode.
Die Lochtret-Methode ist aufwändig. Einfacher gestaltet sich die Auszählung bzw. Schätzung vorhandener Bausysteme auf der Fläche. Insbesondere während des Populationsanstiegs und in Gradationsjahren könnte mit dieser Methode relativ schnell eine große Anzahl von Flächen beurteilt werden. Inwieweit sich damit jedoch ausreichend exakte Befallsdaten erheben lassen, bedarf noch der wissenschaftlichen Überprüfung. Dahingehende Untersuchungen und Versuche sind notwendig.
Eine gesicherte Vorhersage der Befallsentwicklung bei Feldmäusen ermöglichtes den Pflanzenschutzdiensten, rechtzeitig geeignete Überwachungsmaßnahmen einzuleiten bzw. über den Pflanzenschutzwarndienst zu Bekämpfungsmaßnahmen aufzurufen.
Grundsätzlich wird ein solches Prognosemodell dringend benötigt, um z.B. alternative Maßnahmen im Vorfeld einer erwarteten Massenvermehrung verstärkt anwenden zu können. Die hierfür benötigten Vorlaufzeiten und Trefferquoten werden aber noch nicht erreicht. Somit müssen alle Aktivitäten zur Weiterentwicklung bzw. Modellentwicklung aktiv unterstützt werden. Dazu gehört beispielsweise die deutschlandweit harmonisierte Erhebung von Monitaringdaten zum Feldmausbefall.
Bewertung des Befalls
Für die Beurteilung der Bekämpfungswürdigkeit eines Befalls werden Bekämpfungsrichtwerte (BRW) vom Pflanzenschutzdienst empfohlen und in der Praxisgenutzt. Der Einsatz von Rodentiziden soll nur nach Überschreitung der jeweiligen BRW bzw. bei einer erhöhten Gefährdung durch Feldmausbefall erfolgen.
BRW basieren regelmäßig auf wirtschaftlichen Schadschwellen. Die derzeit verwendeten BRW liegen je nach Kultur zwischen 5 bis 8 wgL/250m2, was ca. 80-130 Tieren/ha entspricht. Sie wurden auf der Grundlage von Untersuchungs- und Versuchsergebnissen bzw. Datenreihen der 1990er Jahre (und davor) entwickelt bzw. abgeleitet. Veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen (u .a. Preise für Ernteprodukte und Pflanzenschutzmittel, Kosten der Arbeitserledigung usw.) wirken sich zwingend auf die Höhe der wirtschaftlichen Schadschwellen aus.
Hinzu kommen Veränderungen im Lebensraum der Feldmaus, welche die Populationsentwicklung tendenziell fördern. Hierzu zählen insbesondere veränderte Bedingungen im Pflanzenbau (z. B. wintergetreidebetonte Fruchtfolgen, die verbreitete Verwendung von Minimal-Bodenbearbeitung, Greening-Maßnahmen) und Einschränkungen bei der zur Bekämpfung zur Verfügung stehenden Mittelpalette aufgrund veränderter Rahmenbedingungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (z.B. Chlorphacinon-Streuköder nicht mehr verfügbar).
Beobachtungen und Erfahrungen aus der Praxis deuten darauf hin, dass die genannten Faktoren zu einer Erhöhung des Befalls insgesamt führen und damit die vorhandenen BRW möglicherweise derzeit zu hoch angesetzt sind. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Überprüfung der wirtschaftlichen Schadschwellen und daran angepasste Festsetzung der BRW dringend angeraten. Entsprechende Untersuchungen und Versuche sollten durchgeführt werden.
Anwendungvon Rodentiziden
Bei Überschreitung der BRW ist die Anwendung von Rodentiziden wirtschaftlich sinnvoll und notwendig. Die beste Wirkung wird erreicht, wenn die Behandlung unmittelbar nach Überschreiten des BRW erfolgt.
Die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung von zugelassenen Rodentiziden unter Beachtung der mittel- und anwendungsspezifischen Hinweise, Auflagen und Anwendungsbestimmungen auf landwirtschaftlichen und gärtnerischen Nutzflächen entspricht der Guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz. Die Einhaltung dieser Anwendungsvorschriften sichert das gesetzlich geforderte hohe Maß an Schutz von Mensch, Tier und Umwelt.
Der Pflanzenschutzdienst führt in Jahren mit einem erhöhten Umfang an Rodentizidanwendungen zusätzliche Kontrollen zur Einhaltung von Auflagen und Anwendungsbestimmungen durch. Bei Verstößen erfolgt eine konsequente Ahndung durch die zuständigen Behörden. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Verstöße gegen Anwendungsbestimmungen nur selten anzutreffen waren. Auch sind kaum Fälle von Schäden an Nichtzielorganismen bekannt geworden, wenn die Gute fachliche Praxis befolgt wird.
Der Einsatz der Rodentizide darf nur unter Beachtung umfangreicher Anwendungsbestimmungen erfolgen (u.a. NT 661: Der Köder muss tief und unzugänglich für Vögel in die Nagetiergänge eingebracht werden. Dabei sind geeignete Geräte wie z. B. Legeflinten zu verwenden. Es dürfen keine Köder an der Oberfläche zurückbleiben).
Die Pflanzenschutzdienste sehen die dringende Notwendigkeit, dass alle notwendigen Aktivitäten und Bestrebungen, die einer Fortführung der Zulassung von Zinkphosphid-Präparaten dienen, Unterstützung finden.
In besonderen Befallssituationen kann es erforderlich sein, auch auf angrenzenden Nichtkulturlandflächen (Rückzugsgebiete der Feldmaus) eine chemische Bekämpfung durchzuführen, um die Einwanderung einer großen Anzahl von Feldmäusen auf das Kulturland zu verhindern. Im Falle von verbreitet bekämpfungswürdigem Befall in diesen Rückzugsgebieten beantragt der Pflanzenschutzdienst beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine Notfallzulassung für Zinkphosphid-Präparate gemäß Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/ 2009 für die entsprechenden Anwendungsgebiete.
Liegt diese vor, entscheidet der zuständige Pflanzenschutzdienst im Rahmen von Genehmigungen gern. § 12 (2) Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) im Einzelfall über die Rodentizidanwendung auf Nichtkulturland.
Bei der erneuten Zulassung von Zinkphosphid-Präparaten sollte das Einsatzgebiet Nichtkulturland (Rückzugsgebiete auf Kulturflächen, z.B. Inseln von Windenergieanlagen; direkt an Kulturflächen angrenzende Rückzugsgebiete, z.B. Ackerrandstreifen, Straßenränder, Böschungen, Straßengräben) Berücksichtigung finden. Dies würde bei regulärer Zulassung zu einer Vereinfachung im Verwaltungshandeln führen.
In Jahren mit Feldmaus-Massenbefall wird der Pflanzenschutzdienst der betroffenen Länder bei Bedarf die Beantragung von Art. 53-Notfallzulassungen für nicht zugelassene Rodentizide beim BVL in Erwägung ziehen. Alle bei der Bekämpfung von massenhaftem Feldmausbefall Beteiligten (einschließlich Umweltbehörden) sind aufgerufen, durch aktives Handeln und Mitwirken zu einem wirkungsvollen, nachhaltigen und ökonomisch wie ökologisch sinnvollem Vorgehen gegen Feldmausschäden beizutragen.
Die Ausbringung der Zinkphosphid-Köder mittels Legeflinte erfordert einen erheblichen Handarbeitsaufwand . Eine maschinelle Ausbringung dieser Rodentizide ist nicht möglich. Bei großflächigem Massenbefall ist die händische Ausbringung von Zinkphosphid-Präparaten aufgrund des hohen Aufwands und der geringen Flächenleistung wenig geeignet. Hinzu kommt eine verminderte Annahme der Köderpräparate bei Vorhandensein eines attraktiveren Nahrungsangebots in Form von Kulturpflanzen auf der Fläche, was zu einer deutlichen Minderwirkung führen kann.
Die Pflanzenschutzdienste sehen die dringende Notwendigkeit, an einer Weiterentwicklung der zur Verfügung stehenden Zinkphoshpid-Rodentizide zu arbeiten. Die Mittel sollten z. B. eine verbesserte Lockwirkung auf Feldmäuseaufweisen und einfacher auszubringen sein. Auch staatliche Einrichtungen sollten sich an diesen Arbeiten intensiv im Rahmen eines konkreten Arbeitsprogramms beteiligen.
Weiterhin halten es die Pflanzenschutzdienste für besonders erforderlich, maschinell ausbringbare Rodentizide mit neuen und leistungsfähigen Wirkstoffen für die Praxis bereitzustellen oder Techniken zur maschinellen Ausbringung zu entwickeln, die den Zulassungsauflagen entsprechen (z.B. Wühlmauspflug). Alle dahingehenden Aktivitäten von privaten Unternehmen sollten unterstützt bzw. ein staatliches Forschungsprogramm aufgelegt werden.
Für den Bereich des ökologischen Anbaus ist die Bereitstellung alternativer Methoden des Populationsmanagements die einzige Möglichkeit, Feldmausschäden zu minimieren. Begonnene Forschungsaktivitäten sollten weiterhin unterstützt und ausgebaut werden. Die Ergebnisse sind auch für den konventionellen Anbau nutzbar und könnten bei hohen Wirkungsgraden in Zukunft zu einer Reduzierung von Rodentizidanwendungen beitragen.