Bei der Agrarministerkonferenz (AMK) der Länder trafen am vergangenen Freitag erneut entgegengesetzte Haltungen zur Milchpolitik aufeinander. Keine Chance auf eine Einigung hatte der niedersächsische Antrag zur Abschaffung des Genossenschaftsprivilegs in § 148 der Gemeinsamen Marktorganisation.
Niedersachsen hatte rechtlich verbindliche Verträge zwischen Landwirtinnen und Landwirten mit Molkereien vorgeschlagen, in denen die Handelspartner Regelungen zu Milchmengen, Preisen und Laufzeiten vereinbaren. Dies sollte auch für genossenschaftlich organisierte Molkereien gelten. Ebenso wenig konsensfähig war der Vorschlag, eine flexible Milchmengensteuerung auf freiwilliger Basis zu ermöglichen.
Bund soll Konsequenzen aus Milchmarktevaluation ziehen
In ihrem gemeinsamen Beschluss einigten sich die Agrarminister erstmal darauf, dass der Bund jetzt Vorschläge basierend auf einer wissenschaftlichen Evaluation der Milchlieferbeziehungen vom Thünen-Institut vorlegt. Er soll über die Konsequenzen daraus „im Hinblick auf eine EU-rechtskonforme Umsetzung des Artikels 148“ berichten und Stellung dazu nehmen, heißt es im Ergebnisprotokoll der AMK.
Verständigen konnten sich die Länder zudem auf die Forderung an den Bund, sich für einen weiteren Ausbau der EU-Milchmarktbeobachtungsstelle einzusetzen und dabei auch den Lebensmitteleinzelhandel einzubeziehen. Außerdem wird der Bund aufgefordert, die rechtlichen Möglichkeiten zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken auszuschöpfen.
Doch mit der AMK ist der politische Druck für eine Umsetzung des § 148 und der Abschaffung der Andienungs- und Abnahmeverpflichtung bei Genossenschaften wohl noch nicht vorbei. Aus Kreisen der Milchwirtschaft ist zu hören, dass das BMEL bereits Vorbereitungen zur Umsetzung des §148 auf eigene Initiative anstellt.
Bei der Abschlusspressekonferenz zur AMK blieb Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) zur Milchpolitik allerdings recht schweigsam. Seine grüne Parteikollegin, die niedersächsische Agrarministerin Miriam Staudte wies dem Bund hingegen offensiv die Aufgabe zu, sich für die Abschaffung von Andienungs- und Abnahmepflicht einzusetzen. „Der Ball liegt beim Bund“, sagte sie.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) sagte, er mache sich um die Milcherzeugung Sorgen. Die Bauern seien nach wie vor nicht auf Augenhöhe mit den Molkereien und schon gar nicht mit dem Lebensmitteleinzelhandel. Backhaus befürwortete ein mengengesteuertes System der Wirtschaft, damit es wieder auskömmliche Preise für Milcherzeuger geben könne.
Enttäuschung an den Ergebnissen kam entsprechend postwendend vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). Nach Auffassung des BDM-Vorstandsvorsitzenden Karsten Hansen atmen die AMK-Beschlüsse zur Milch bis auf wenige Ausnahmen ein „Weiter so wie bisher“. Die Länderagrarminister hätten die bisherigen Aktivitäten und Initiativen der Molkereiwirtschaft hinsichtlich der Flexibilisierung der Milchlieferbeziehungen, Mengenplanung, Mengensteuerung und Milchpreisabsicherung begrüßt und dabei ignoriert, dass dieses Instrumentarium in Verantwortung der Molkereiwirtschaft keine positive Wirkung für die Erzeuger habe.
„Der Milchpreisverfall 2023 kam nicht plötzlich und unerwartet, sondern hat sich bereits Mitte 2022 angekündigt“, so Hansen. Das Marktrisiko sei einmal mehr auf die Erzeugerebene verlagert worden, ohne rechtzeitig gegenzusteuern und Wertschöpfungsverluste für die Erzeuger zu verhindern. „Eine Stärkung der Erzeuger sieht definitiv anders aus“, betonte Hansen.
DRV warnt vor Eingriffen
Die genossenschaftlichen Milchunternehmen hatten hingegen im Vorfeld eindringlich vor einer Einmischung in deren Milchlieferbeziehungen gewarnt. „Hände weg vom Artikel 148! Er greift in die genossenschaftliche Satzungsautonomie ein“, hatte DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp gesagt. Aus seiner Sicht schwächt der niedersächsische Antrag zur Milch die genossenschaftliche Milchwirtschaft und gefährdet insbesondere kleinbäuerliche Strukturen.
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Bei der Agrarministerkonferenz (AMK) der Länder trafen am vergangenen Freitag erneut entgegengesetzte Haltungen zur Milchpolitik aufeinander. Keine Chance auf eine Einigung hatte der niedersächsische Antrag zur Abschaffung des Genossenschaftsprivilegs in § 148 der Gemeinsamen Marktorganisation.
Niedersachsen hatte rechtlich verbindliche Verträge zwischen Landwirtinnen und Landwirten mit Molkereien vorgeschlagen, in denen die Handelspartner Regelungen zu Milchmengen, Preisen und Laufzeiten vereinbaren. Dies sollte auch für genossenschaftlich organisierte Molkereien gelten. Ebenso wenig konsensfähig war der Vorschlag, eine flexible Milchmengensteuerung auf freiwilliger Basis zu ermöglichen.
Bund soll Konsequenzen aus Milchmarktevaluation ziehen
In ihrem gemeinsamen Beschluss einigten sich die Agrarminister erstmal darauf, dass der Bund jetzt Vorschläge basierend auf einer wissenschaftlichen Evaluation der Milchlieferbeziehungen vom Thünen-Institut vorlegt. Er soll über die Konsequenzen daraus „im Hinblick auf eine EU-rechtskonforme Umsetzung des Artikels 148“ berichten und Stellung dazu nehmen, heißt es im Ergebnisprotokoll der AMK.
Verständigen konnten sich die Länder zudem auf die Forderung an den Bund, sich für einen weiteren Ausbau der EU-Milchmarktbeobachtungsstelle einzusetzen und dabei auch den Lebensmitteleinzelhandel einzubeziehen. Außerdem wird der Bund aufgefordert, die rechtlichen Möglichkeiten zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken auszuschöpfen.
Doch mit der AMK ist der politische Druck für eine Umsetzung des § 148 und der Abschaffung der Andienungs- und Abnahmeverpflichtung bei Genossenschaften wohl noch nicht vorbei. Aus Kreisen der Milchwirtschaft ist zu hören, dass das BMEL bereits Vorbereitungen zur Umsetzung des §148 auf eigene Initiative anstellt.
Bei der Abschlusspressekonferenz zur AMK blieb Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) zur Milchpolitik allerdings recht schweigsam. Seine grüne Parteikollegin, die niedersächsische Agrarministerin Miriam Staudte wies dem Bund hingegen offensiv die Aufgabe zu, sich für die Abschaffung von Andienungs- und Abnahmepflicht einzusetzen. „Der Ball liegt beim Bund“, sagte sie.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) sagte, er mache sich um die Milcherzeugung Sorgen. Die Bauern seien nach wie vor nicht auf Augenhöhe mit den Molkereien und schon gar nicht mit dem Lebensmitteleinzelhandel. Backhaus befürwortete ein mengengesteuertes System der Wirtschaft, damit es wieder auskömmliche Preise für Milcherzeuger geben könne.
Enttäuschung an den Ergebnissen kam entsprechend postwendend vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). Nach Auffassung des BDM-Vorstandsvorsitzenden Karsten Hansen atmen die AMK-Beschlüsse zur Milch bis auf wenige Ausnahmen ein „Weiter so wie bisher“. Die Länderagrarminister hätten die bisherigen Aktivitäten und Initiativen der Molkereiwirtschaft hinsichtlich der Flexibilisierung der Milchlieferbeziehungen, Mengenplanung, Mengensteuerung und Milchpreisabsicherung begrüßt und dabei ignoriert, dass dieses Instrumentarium in Verantwortung der Molkereiwirtschaft keine positive Wirkung für die Erzeuger habe.
„Der Milchpreisverfall 2023 kam nicht plötzlich und unerwartet, sondern hat sich bereits Mitte 2022 angekündigt“, so Hansen. Das Marktrisiko sei einmal mehr auf die Erzeugerebene verlagert worden, ohne rechtzeitig gegenzusteuern und Wertschöpfungsverluste für die Erzeuger zu verhindern. „Eine Stärkung der Erzeuger sieht definitiv anders aus“, betonte Hansen.
DRV warnt vor Eingriffen
Die genossenschaftlichen Milchunternehmen hatten hingegen im Vorfeld eindringlich vor einer Einmischung in deren Milchlieferbeziehungen gewarnt. „Hände weg vom Artikel 148! Er greift in die genossenschaftliche Satzungsautonomie ein“, hatte DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp gesagt. Aus seiner Sicht schwächt der niedersächsische Antrag zur Milch die genossenschaftliche Milchwirtschaft und gefährdet insbesondere kleinbäuerliche Strukturen.